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Philosophische & Psychotherapeutische Praxis

Philosophieren zu können, als die Fähigkeit zur Selbstreflexion, als Vermögen, nicht bloß intelligent zu denken, sondern nachzudenken, weiterzudenken, das Sichtbare zu überschreiten und sich nach seinem Sinn zu fragen, ist das besondere Kennzeichen des menschlichen Wesens, erweist sich als unsere Freiheit und unser Schicksal: als unser Schicksal, weil es von einem bestimmten Punkt unserer Entwicklung an unvermeidlich wird, die Sinnfrage zu stellen, und als unsere Freiheit, weil wir uns erst aus dieser Distanz des Nachdenkens selbst begreifen lernen. In der Erfahrung ist uns die Welt unmittelbar zugänglich, sie erlaubt uns gleichsam eine blinde, instinktive Orientierung, aber nur durch die bewußte Reflexion auf unser Verhältnis zu ihr kann sie uns sinnvoll und kostbar erscheinen.

Philosophieren tut not. Es wird zu einem menschlichen - existentiellen - Grundbedürfnis, sobald unsere Instinkte befriedigt sind und wir uns geborgen genug fühlen, den unmittelbaren Lebenskreis zu verlassen, um im Bewußtsein unserer selbst eine eigene Heimat zu finden. Eben darauf kommt es entscheidend an, wenn der Gedanke von Freiheit und Verantwortung konkrete Wirklichkeit werden soll, und insofern ist die Psychotherapeutische Praxis nicht von einer existenzphilosophischen Sichtweise zu trennen.

Die Erkenntnis des einzelnen von seiner eigenen Bedeutung wird in ihr zugleich Ausgang und Ziel, und die Fähigkeit des Philosophierens ist dabei jener Selbstzweck, der das Maß für ein verantwortliches Handeln bereits in sich trägt: und zwar alles zu tun, was anderen die gleiche Chance eines Bewußt-Seins ermöglicht, weil sich wahre Freiheit erst im persönlichen Erleben der eigenen Verantwortung ereignen kann.

Die existentielle Situation eines philosophierenden Menschen bleibt, unabhängig von dessen konkreten Lebensumständen, für alle gleich, weil das Faktum der Existenz zwischen Geburt und Tod zu allen Zeiten dieselben Fragen nach dem Woher, Wohin und Wozu aufwirft. Im Ursprung des lebendigen Philosophierens selbst jedoch ist die Reflexion über das eigene Dasein in der Welt untrennbar mit den Konsequenzen eines verantwortlichen Handelns verknüpft, schließt sich an die Frage nach dem menschlichen Wesen sogleich jene nach dem, was zu tun ist, an. Und zwar nicht abstrakt für den Menschen an sich, sondern konkret für jeden einzelnen, der seine Bedeutung zu begreifen beginnt. Dabei wird die Ambivalenz von Denken und Handeln, Gefühl und Vernunft, Körper und Seele gleichsam als Herausforderung erlebt, sie in der Wirklichkeit meiner konkreten, lebendigen Existenz zu vereinen. Und im Bewußtsein meiner selbst erhalte ich nicht nur den entscheidenden Hinweis, daß ich dazu befähigt bin, vielmehr erwächst mir gerade daraus die Erkenntnis unserer menschlichen Bestimmung als philosophierende Wesen.

Dieser Zusammenhang jedoch erscheint heutzutage weitgehend verschüttet. Eine bis ins Privateste hinein pragmatisch, rationalistisch und materialistisch organisierte Leistungsgesellschaft reduziert den einzelnen immer mehr zu einem bloßen Funktionsträger, der eine sich vergrößernde „Freizeit“ für seine Freiheit hält, nur um diese sogleich ebenso konsum- und leistungsorientiert zu verplanen.

In einem solchen Umfeld versucht die Logotherapeutische - Sinnorientierte - Praxis einen Ort der Ruhe, Konzentration und Besinnung anzubieten beziehungsweise zu schaffen, an dem es möglich wird, wieder, oder erstmals, ein Gefühl oder zumindest eine Ahnung seiner schöpferischen und geistigen Eigenkräfte zu erlangen. Denn was heute dem leidenden Menschen, dem Homo patiens, ganz wesentlich verloren ging, ist überhaupt die Gelegenheit, der Raum für Reflexion, in dem sich ein Bewußtsein eigener Existenz entwickeln kann. Nicht als Wissen um zu erfüllende Pflichten, sondern im ursprünglichen Sinn des Wortes als Wahrnehmen seiner selbst in der Welt, als Begreifen der einmaligen Bedeutung meines konkreten Daseins.

Otto Teischel

 

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