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Auf der Suche nach Sinn – Existenzanalyse & Logotherapie
Ausgehend von der Psychoanalyse Sigmund Freuds und der Individualpsychologie Alfred Adlers entwickelte Viktor Frankl (1905-1997)
einen eigenständigen Ansatz, den er 1938 erstmals publizierte. Die Existenzanalyse & Logotherapie betrachtet die Suche nach Sinn
im Leben als Hauptmotivation des Menschen.
Gleichzeitig ist der Mensch ein entscheidungsfähiges Wesen - und er ist für seine Entscheidungen auch verantwortlich. Er ist
keineswegs bloßer Spielball von Trieben oder Umweltgegebenheiten, sondern jederzeit frei, zu inneren und äußeren Bedingungen
Stellung zu nehmen.
Ziel der auf diesem Menschenbild beruhenden Psychotherapie ist die Begleitung der Klienten beim Auffinden konkreter Sinnmöglichkeiten
in den jeweiligen Lebenssituationen. Logotherapie bedeutet Hilfe bei der Neuorientierung und beim Wiedererlangen des Vertrauens in die
unbedingte Sinnhaftigkeit des Lebens und die Würde der Person. Auch bei schwerstem Leid und scheinbar aussichtsloser Perspektive versucht
die Logotherapie den heilen, unzerstörbaren Kern jedes einzelnen zu erreichen: sich mit der Trotzmacht des Geistes (Frankl) und der
unstillbaren Sehnsucht nach Sinn, die uns zum Menschen macht, gegen das Unabänderliche zu verbünden.
In ihrer Methodik greift die Existenzanalyse & Logotherapie auf die spezifisch menschlichen Fähigkeiten zur Selbsttranszendenz -
das meint die Ausrichtung auf etwas oder jemanden „draußen in der Welt“ - und Selbstdistanzierung zurück. Anliegen der logotherapeutischen
„Technik“ der paradoxen Intention ist es, die Fähigkeit zur Selbstdistanzierung im Rahmen der Behandlung der psychogenen Neurose zu
mobilisieren. Indem sich der Patient auf humorvolle Weise herbeiwünscht, wovor er sich fürchtet, wird Ängsten und Zwängen gleichsam
der Wind aus den Segeln genommen. Mittels der Dereflexion kann der Neigung zu übermäßiger Selbstbeobachtung (Hyperreflexion)
entgegengewirkt werden. Für die Einstellungsmodulation gibt es die vielfältigsten Anwendungsbereiche, da sie bereits bei jeder
belastenden Diskrepanz von Wunsch und Wirklichkeit hilfreich eingesetzt werden kann.
Dabei betrachtet die Existenzanalyse & Logotherapie Zweifel am Sinn des Lebens, moralische Konflikte und existentielle Krisen nicht
etwa als Krankheit, sondern vielmehr als möglichen Boden für die Entstehung von Neurosen, die gerade im existentiellen Vakuum eines
perspektivlosen, sinnwidrigen Daseins zu „wuchern“ beginnen.
Das Leben ist nach Frankl nicht nur sinnvoll zu gestalten durch Schaffen, Erleben, Lieben, sondern vor allem auch durch das rechte
Leiden unabänderlichen Schicksals. Wir alle sind mit Leid, Schuld und Tod, jener Tragischen Trias, wie Frankl sie nennt,
unausweichlich konfrontiert. Doch auch Vergänglichkeit und Tod machen menschliches Dasein nicht sinnlos, die verwirklichten
Sinnmöglichkeiten werden vielmehr ins Vergangensein „hineingerettet“: in der Vergangenheit ist „nichts unwiederbringlich verloren,
sondern alles unverlierbar geborgen“.
Seine Sehnsucht nach Sinn ist die eigentliche Antriebskraft jedes einzelnen Menschen. Den eigenen sinnerfüllten Weg zu finden und
ihn dann, den persönlichen Möglichkeiten gemäß, zu gehen, durch alle Höhen und Tiefen, ist unsere lebenslange Aufgabe. Noch im
Scheitern verleiht sie uns ihre unzerstörbare Würde.
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